Wie im letzten Blog erwähnt waren wir gerade in Artvin angekommen und trafen unseren Warmshower-Host namens Gökdeniz bei seinem Zuhause, nur wenige hundert Meter unterhalb unseres Hotels. (Leider konnte er uns nicht bei sich zu Hause aufnehmen.) Wir spazierten zusammen den steilen Hang hinunter ins Zentrum, um dort in seinem favorisierten Kebap Restaurant etwas zu essen. Vis - à - Vis gab es danach eine Rund Cay bis drei seiner Freunde eintrafen. Zu sechst (2 Beifahrer auf einem Sitz) ging es dann noch zu einem Tee-Park mit Aussicht auf das Stadtschloss. Nur sah man das Schloss nicht, da es unterdessen dunkel war. Nach einer weiteren Runde Cay verlagerte sich unser Abend auf die Terrasse unseres Hosts. Diesmal mit zwei Fahrten, schliesslich musste die zweite Fahrt noch Chips, Eistee und die klassischen Sonnenblumenkernen organisieren. Übrigens letztere sind mehr Zeitvertreibung als Nahrungsmittel, da man mehr mit Schälen als essen beschäftigt ist. Auf der Terasse genossen wir die Aussicht auf die Lichter Stadt. Ausserdem parkierten wir unsere Velo bei ihm in einem Schopf.
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Gökdeniz seine Freund und wir |
Die Nacht im Hotel war geruhsam und dank der Hilfe von der Rezeptionistin und Gökdeniz fuhren wir mit dem Lokalbus für gerademal 50TL pro Person (ca. 1 Fr) in den alten Kern von Artvin wo unser organisiertes Mietauto bereitstand. Da aber noch niemand von der Vermietung vor Ort war, meldeten wir uns per WhatsApp. Während der Wartezeit wurden wir von einem Ladenbesitzer gegenüber zum Cay eingeladen. Das Autoübergabe und der Papierkram funktionierte recht speditiv. So wurde aus velosiped.ch für die nächsten vier Tage otomobil.ch.
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Fundstück am Strassenrand |
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Clio statt Terra |
Mit unserem Auto fuhren wir in Richtung Ardanuc aus der Stadt und somit jene Strasse Rückwärts auf welcher wir mit den Velos nach Artvin gekommen sind. Einige Kilometer nach Ardanuc fanden wir einen recht guten Platz im Bach um baden zu gehen. Es war zwar etwas kalt, aber wunderbar erfrischend.
Bei der Abzweigung in Richtung Zekeriyaköy stutzen wir, denn wir erwarteten laut OSM-Daten ein grosse Strasse welche durch einen Tunnel nach Olus und Oltu führen sollte. Vor Ort war aber nur eine Schotterpiste. Diese Differenz veranlasste uns online zu recherchieren, was einem Zeitungsartikel von 2024 zu Tage brachte, in welchem erwähnt wurde, dass die Strasse bis 2021 eigentlich fertig gewesen sein sollte, aber erst 50% vom Tunnel ausgebrochen sei... Somit fuhren wir weiter in einen Umweg via Adarhan. Auch dieser Pass war recht spektakulär und jetzt wechselte die Landschaft gegenüber dem Cem Gecidi umgekehrt, von steil und schroff zu rund und weitläufig.
Wir erreichten Göle und bei einigen Bakalava erkannten wir, dass unser erster Plan, über möglichst viele Pässe an und um den Van-See zu fahren, zu viel des Guten ist und so entschieden wir uns die schnellere und flachere Variante via Kars zu nehmen. Nun, auch dieser Plan hielt nicht lange. Als wir Kars umfahren hatten und kurz vor dem Abzweiger nach Kağızman waren, benötigte es keine Disskusion und wir waren uns einig, dass wir den Besuch des Van-Sees sein lassen und lieber weniger Autofahren und die Regionen weiter nördlich genauer erkunden. So fanden wir uns wenig später in Sarıkamış wieder, wo wir, animiert durch zwei etwas absurd wirkende patriotische Bauten, einen coolen Zeltplatz etwas oberhalb des Dorfes fanden. Mit dem Sonnenuntergang zogen sich die meisten Ausflügler zurück und ein paar Stunden danach wurde auch die Musik des Dorffestes abgestellt. Wir blieben zwar nicht ganz alleine, aber die durchfahrenden Autos oder die pastareste-essenden Krähen störten uns nicht sehr stark.
Das Zelt war am Morgen so Nass, dass es zur umgekehrten Schildkröte wurde um von innen zu trocknen. Dabei genossen wir einmal mehr unser Nutellazmorge im Campingstüeli. In Horasan angekommen führten wir uns, auch einmal mehr, in der Cay-Beiz zwei Tees zu Gemüte. Dabei hatte Livio die Idee, wir könnten mit dem Zug irgendwo hin fahren. Durch den Fahrplan (es fährt ein Zug pro Tag und Richtung) entwickelte sich die Idee weiter zu einem Ausflug von Köprüköy nach Erzurum.
Nach 4 Stunden mit: türkischer Kaffee für Livio, Dessert im verschlungenen Restaurant in einem alten Haus, Abklappern der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, speditivem Cag-Kebap essen ohne Auswahlmöglichkeit, trafen wir pünktlich wieder am "Gar" ein und störten den Schalterbeamten beim Solitär spielen. Unser Billetkauf wurde dann aber erledigt und wir setzten uns in die Wartehalle. Irgendwann erkannte Chregu, dass "140dk" und eine Abfahrtszeit von 18:30 statt 16:09 zu gut auf eine Verspätung von fast zweieinhalb Stunden passten. Somit watschelten wir zur nahe gelegenen MMM-MiGROS und kauften noch etwas Znacht ein.
Der Zug fuhr dann schlussendlich mit rund 2 Stunden Verspätung ab und so waren wir um ca. 19 Uhr wieder zurück bei unserem Auto in Köprüköy. Die weitere Fahrt war geprägt durch die Suche nach einem sinnvollen und geeigneten Zeltplatz. Einige Einträge in OSM sahen in den Daten vielversprechender aus, als dann vor Ort. Und da noch bedrohlich aussehende Gewitterzellen unterwegs waren und wir uns nicht so richtig entscheiden konnten dunkelte es schon ein bis wir das Zelt einige Dutzend Meter neben der Strasse aufstellten, unser schnelles Znacht assen und dann ins Zelt krochen. Da die Gewitter aber unterdessen eher näher gekommen waren, lagen wir auf unseren Matten und zählten die Sekunden zwischen Blitz und Donner. Die Sekundenanzahl sank bis etwa fünf und irgendwann regnete es dann auch. Aber auch türkische Gewitter sind Gewitter und somit war der ganze Spass in weniger als einer Stunde vorbei und wir konnten mit steigenden Sekundenzahlen einschlafen.
Mit einem Stopp bei roten Gesteinssäulen und einem Cay in Narman, fuhren wir über den Kireçli Geçidi Pass (2420müM). Unten wieder auf der grossen Strasse angekommen luden wir einen Stöppler auf, welcher uns als Dank danach zum Suppenfrühstück in Uzendere einlud. Nach dem Einkaufen stand bei der Ausfahrt aus dem Dorf schon der nächste Passagier, welchen wir aufluden. So wurden wir kurzzeitig zum Taxi velosiped.ch ;-)
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Zmorge mit Ahmed |
Am Ende des Tortum Gölu Stausee besuchten wir den Wasserfall "Tortum Selalesi", welcher als breites Rauschen wohl rund 40 Meter in die Tiefe stürzt. Die weiter Fahrt in Richtung Yusufeli-Stausee ist vor dem See noch spannend mit Canyonartig steilabfallenden Felswänden. Ab dem See ist sie nur noch langweilig, weil die Strasse fast vollständig kilometerlang durch Tunnel führt. Dafür lernten wir wieder eine Lektion in türkischem Verkehrsverhalten. Auch wenn man bei signalisierten 50km/h mit Tempomat 80 durch den leeren Tunnel fährt, wird zuerst aufgehockt und dann über die doppelte Sicherheitslinie überholt.
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immer wieder spannende Täler |
Die Strassen sind alle ziemlich neu, da der Stausee erst ab 2023 eingestaut wurde. Mit dem Einstau wurde das alte Dorf Yusufeli versenkt. Das Städtchen wurde an einem höheren Ort neu aufgebaut und gleicht einer Retortenstadt mit vielen immer wieder ähnlichen Gebäuden. (Auf Streetview sind immer auch noch das alte Yusufeli sichtbar.)
Nach einem kurzen Besichtigung einer Moschee und einer Runde durch das Zentrum, fuhren wir über die kleine Strasse via Erdemler Richtung Sarıgöl. Die Strasse wird am Ende des Sees sehr schnell sehr schmal und unüberischtlich, sodass um einige Kurven nur Schritttempo möglich ist. Ausserdem klebt sie teilweise an so steilen und instabilen Hängen, dass viele Steine auf der Strasse liegen. An einem Ort mussten wir auch kurz abwarten, bis ein grössere Menge solcher Steine von einem Bagger wegeräumt wurden. Wieder einml peilten wir einen auf OSM eingezeichneten Campingplatz an. Vor Ort fanden wir dann aber keinen für uns gescheit nutzbaren Zeltplatz. Daher folgten wir einem Wegweiser zu einer Pension direkt neben dem Kloster Barhal. Die Gebäude stehen an einem steilen Hang und sind in einander verschlungen. Erschlossen durch Fusswege und kleinen Materialseilbahnen. Wir genossen eine lang benötigte Dusche und verbrachten den Nachmittag auf der gemütlichen Terasse der Unterkunft.
Die Rückfahrt nach Artvin ist soweit unspektakulär da entweder schon bekannt oder wieder ein schöner Teil in Tunnels liegt. Zurück in Artvin geniessen wir nochmals etwas das Stadtleben und treffen uns am Abend wieder unseren Warmshower Host Gökdeniz und werden voraussichtlich bei ihm im Garten Zelten.