Freitag, 25. Juli 2025

Nutella zu flüssig

Pausentag in Kayseri. Livio hatte schon länger einen Hammambesuch im Sinn. Es sollte ein traditionelle nicht touristifiziertes sein. Nun setzten wir diesen Plan um. So wurden wir nach der Sauna, welche eher ein Dampfbad war, geschrubbt, eingeseift und massiert so dass wir fast vom Marmor-Tisch flutschten.
Die restliche Zeit in Kayseri verbrachten wir mit Essen, Wäsche waschen (lassen), Essen, Ausruhen, Essen, Ausruhen. So waren wir am 18. Juli nach dem Frühstück wieder bereit für die nächste Etappe nach Kappadokien. Wir starteten gemütlich und rollten mit Rückenwindhilfe ziemlich einfach bis Incesu. Dort kauften wir ein und machten bei der Moschee Pause. Aber noch vor dem Mittag pedalten wir noch ein paar Kilometer weiter an einen Stausee mit Picknickanlage, wo wir die Mittagswärme ausassen.

Dauerbewohner (hinten), Besucher (vorne)

Am späten Nachmittag mit der abnehmenden Wärme fuhren wir über die kleine Strasse weiter hoch, über eine Ebene, steil rauf durch ein Dorf bis zu einem Aussichtspunkt wo wir einen ersten Blick über Kappadokien erhaschten. Da entschieden wir weiter zu fahren, um einen Zeltplatz zu finden, wo wir am am Morgen den vielen Luftballonen zuschauen. Auf OSM hat es mehrere solche eingetragen.
Vor Ort fanden wir dann einen super Platz mit Aussicht und etwas ab vom Hauptsonnenuntergangsspot.


So kochten wir ganz gemütlich unser Znacht und konnten in der Ferne Regenstreifen beobachten. Dies beunruhigte uns aber nur unerheblich, da die Regenfront nur ganz langsam zu bewegen schien. Während Chregu abwusch, fing Livio an das Zelt aufzubauen, da es nun doch so aussah, dass wir ins Gewitter geraten könnten und wir einen trockenen Ort haben wollten. Wir sahen von weitem weisse Streifen in der Luft und gingen, wie in der Schweiz, davon aus, dass es intensiver Regen ist. Als dann der Wind bei uns angekommen war, war klar was es ist: aufgewirbelter Sand und Staub ist. Und ausserdem war der Wind so böig, dass wir sehr schnell realisierten, dass wir das Zelt statt fertig aufbauen, schnellstens wieder abbauen und versorgen müssen umd Schäden zu verhindern. Daher rettete Chregu, teilweise etwas überfordert mit der Priorisierung, alle möglichen Utensilien, während Livio sich zuerst auf das Zelt schmiss um es vom wegfliegen abzuhalten und sich dann abmühte um es wieder in die Sagosche zu bugsieren. Als wir alles wieder auf den Velos hatten, fuhren wir ein paar hundert Meter immer noch im vollen Sandsturm zurück zur Strasse und zu einem Hüttlein, wo wir auf der Windabgewandten Seite Schutz vor dem Wind, Sand und den herumgewirbelten Sträuchern suchten. 

 

Da das Radarbild anzeigte, dass das Gewitter immer noch langsam unterwegs ist und somit noch lange sein Unwesen treiben würde, entschieden wir notbedürftig die rund 2km ins nächste Dorf nach Ortahisar zu fahren und dort in ein Hotel zu gehen.
Dort angekommen, war der Wind schwächer dafür regnete es die ersten Tropfen.
Im Hotel wurde dann auch das Ausmass des Staubes klar, Chregus Lenkertasche war innen wie paniert, da sie zwei, drei mal kurz offen war. Zum Glück aber sah es in den anderen Gepückstücken recht OK aus. Auch die Materialkontrolle ergab positives. Es fehlte nichts.
Da das Gewitter entweder noch nicht oder doch nicht so richtig eingetroffen war, es regnete auf jeden Fall auch nach der Dusche nicht, machten wir uns auf und gönnten uns im Dorf ein Bier mit Aussicht auf die Blitze.

Um die, für Kappadokien so berühmten, Heissluftballone zu sehen, standen wir früh auf, schnappten Nutella und Brot sowie unsere Campingstühle und pedalten mit den sonst unbeladenen Velos zurück zum Aussichtspunkt. Pünktlich auf den rechnerischen Sonnenaufgang starten die ersten Ballone. Die Sonne war aber leider hinter den Wolken...
Die Ersten konnten wir noch einfach zählen, als dann aber 30, 40 oder 50 waren wurde das Zählen immer ungenauer. Nach etwa einer Stunde landeten die ersten wieder und wir hatten rund 80 Ballone gezählt, wobei an den Startplätzen immer noch einige volle, aber nicht gestartete sichtbar waren.


Wir fuhren zurück ins Hotel und gönnten uns nochmals eine Mütze voll Schlaf.

Ausgeruht kurbelten wir danach in Richtung Göreme, einer der Hauptattraktionen in Kappadokien. Dazu hatten wir eine "Strasse" ausgesucht welche, laut Luftbild, direkt durch einige der, für Kappadokien so berühmten, Felsformationen führt. Vor Ort wurde die Strasse schnell zum Karrweg und irgendwann so mussten wir sogar das Gepäck einzel runtertragen, da die einzige fahrbare Rinne so tief im Sandstein eingeschnitten ist, dass unsere beladenen Drahtesel nicht mehr durchpassten. 


abladen

durcheiern

Wir fanden in einem der vielen "Türme" ein Eingang hinter welchem sich mehrere Räume auf zwei Stockwerken verbargen. Ganz Kappadokien ist voll von solchen Sandstein-Türmen und verschiedensten darin einhauenen Löcher und Räume.


sturer Esel (l.) normaler Esel (r.)

Nach der Erkundungstour fuhren wir zur Busstation Göreme, wo wir eine Busfahrt nach Istanbul für die nächste Nacht organisierten. Den Rest des Tages verbrachten wir, immer möglichst schattensuchend im Dorf (Erinnerung: Temperatur immer noch um die 40 Celsius). Dabei konnten wir unsere Essenscheckliste der Türkei fertig abarbeiten. Ein Punkt auf der Liste war der Testi-Kebap, ein in einem Ton-Töpfchen langsam gekochter Fleisch-Eintopf serviert mit Reis. Dies ist die Spezialigät der Region.
Göreme und ganz Kappadokien sind geprägt durch intensiven Tourismus. Daher sind die Preise einiges höher, die Gebäude und Strassen sind besser in Schuss und die Interaktionen mit den Türken ist, mindestens auf den zweiten Blick, immer geprägt von der Möglichkeit eines Geschäfts.

Überpünktlich trafen wir an der Busstation ein und bereiteten unsere Velos nach den Vorgaben des anwesenden Mitarbeiters der Busfirma vor. (Vorderrad ausbauen, Sattel tieferstellen) Dies mit der Idee unnötiger Stress beim Einladen zu verhindern.
Wir hofften darauf, dass der Mann genügend Erfahrung hat und uns beim Einladen gegenüber der Buscrew unterstützen würde. Pünktlich als der Bus dann kam, war er dann aber verschwunden. Weil die Velos nicht so wie von der Buscrew gewünscht ins Gepäckabteil passten kam der befürchtete Stress auf aber nach etwas hin und her und mehreren Versuchen klappte es dennoch und alles unser Gepäck war sauber verstaut.
Die Fahrt durch die Nacht war, so gut wie eine nächtliche Busfahrt sein kann. Man schläft, aber nicht so richtig, die Bio-Pause in der 24/7 - Raststätte ist sureal, aber man kommt voran. Chregus kleine Highlight der Fahrt, die Überquerung des Bosporuses über die neuste und nördlichste Brücke kurz nach Sonnenaufgang, verschlief Livio. Auf jeden Fall trafen wir nach rund 10 Stunden Fahrt  pünktlich in Istanbul auf dem riesigen Busterminal Esenler Otogarı ein. Der einzige Schaden den wir verzeichnen mussten, war, dass der Sensor vom Livios Velocomputer abgebrochen war.
Die Weiterfahrt nach Edirne organiserte uns irgendjemand, welcher uns angesprochen hatte. So kamen wir sehr schnell zu einem Bus in welchem wir die Velos zusammengebaut und ohne Stress selber einladen durften. Als wir dann mit Ticket ausgestattet im Bus sassen wollte der Helfer, mehr oder weniger überraschend, Geld für seine Dienste. Er war zufrieden mit den von uns angebotenen 100TL (ca. 2Fr.). Das war die Hilfe eigentlich auch wert. Denn ohne diese Hilfe wären wir nie so schnell umgestiegen.
In Edrine angekommen, kurbelten wir in die Stadt, assen zMittag und fuhren danach zu einem Velomech für eine Notfallersatzvelocomputer.
Da wir entdeckt hatten, dass wir auch einen Zipfel Griechenland in Richtung Bulgarien fahren können, fuhren wir in Edirne also etwas südlich um bei Kastanies in den Schengenraum und die EU einzureisen. In unsere Richtung war es eine kurze Sache in die Gegenrichtung gab es einiges an Wartezeiten. Die ärgste Hitze warteten wir im Dorf ab und konnten dem Wachsen der Autoschlange zuschauen.
Für das Znacht fuhren wir nach Dikaia und assen dort im Restaurant unser einziges griechisches Essen. Nur wenige Kilometer danach hatte Livio online einen kleine Park auskundschaftet wo wir zelteten.

Am Morgen ging es weiter zur griechisch-bulgarischen Grenzübergang.

Da konnten wir ohne Kontrolle durchfahren, da Bulgarien seit Anfang Jahr auch im Schengenraum ist.
Der weitere Verlauf in Richtung Nordwesten ist schnell erzählt: früh aufstehen, möglichst Kilometer vor dem Mittag machen. In der am Schatten die Hitze aushocken (am besten mit Springbrunnen in der Nähe zur regelmäasigen Kühlung), Essen, gegen Abend nochmals weiterheizen und irgendwo zelten.

feinster gekühlter Schwarzer

super Dusche auch genannt: Springbrunnen

Die Haupstrasse in Richtung Sofia ist sehr flach, meist von Bäumen gesäumt und breit genug, dass wir gut mit dem Verkehr zurecht kommen. So fuhren wir via Chaskowo, Plowdiw und Pasardschik bis Belovo. Unterwegs versuchen wir auf verschiedene Art und Weise uns kühl zu halten: der giessende Gärtner dazuzubringen uns nass zu spritzen, Baden im Bewässerungskanal mit den Einheimischen und immer wieder: T-Shirt am Wasserhahn nässen und als Veloklimaanlage nutzen.

verboten

oder doch nicht?

Oberhalb Belovo hatte Livio eine Art Campingplatz entdeckt. Vor Ort stellte sich dann leider heraus, dass die Betreiber in den Ferien sind und wir somit einen Wildzeltplatz suchen mussten. Das gelang sehr schnell am Dorfrand auf einem abgeernten Feld. Zur Übernachtung brauchten wir aber noch Wasser wozu Chregu ins Dorf fuhr und fand zwischen Dorfbeiz und Kampfjetdenkmal einen Wasserhahn. Somit wusste nun das ganze Dorf, dass da mindestens ein Velofahrer irgendwo übernachtet. Das Gegenteil von gedeckt - getarnt. Aber da die Bulgaren bis jetzt zurückhaltend freundlich waren "befürchteten" wir allerhöchstens eine Einladung zum Bier oder so ;-)


Am Morgen gings zuerst wieder runter an die grosse Strasse und weiter in Richtung Sofia. Nun aber nicht mehr durch die landwirtschaftliche Fläche, sondern in einem Tal das sich Bach, Bahnlinie und Strasse teilen. Es ging auch endlich wieder mal richtig aufwärts. In Kostenets stoppten wir, wie schon mehrmals in Bulgarien, an einer Blätterteigbäckerei, welche gefüllte Gebäcke anbietet und von den Einheimischen zum Frühstück offensichtlich sehr geschätzt wird. Denn diese Bäckereien sind an den auf der Strasse parkierten Autos bestens erkennbar.

Via "Dolna banya" erreichten wir Samokow über zwei kleinere Pässe und kauften dort ein. Einmal mehr eine Stadt mit grosser Fussgängerzone und Pärken welche von den Einheimischen belebt werden. An den Stadträndern sind es dann aber eher grosse Betonwohnblöcke in zweifelhaften Zustand welche das Bild prägen.

 

recht sauberes Gebastel

Unterwegs kreuzten wir mehrere Veloreisende und tauscheten Informationen und Geschichten aus. Entweder war es die Nähe zum Engpass Istanbul oder die Tatsache, das wir nun viel näher an Westeuropa waren, der Grund, dass wir gegenüber der Zeit in der Türkei viel mehr Gleichgesinnte trafen.

Den Nachmittag und Abend verbrachten wir auf dem Berg "St. Peter" zwischen Belchin und Klisura wo wir uns in einer Wanderbeiz verpflegen liessen und dank der Höhe von fast 1200 m.ü.M. eine etwas kühlere Zeit hatten. Die letzten rund 250 Höhenmeter waren aber harte Arbeit, da die Strasse sehr steil und im oberen Teil auch nur noch Schotter war. Der Zeltplatz auf dem Gipfel war die Mühe wert. Mit Unterstand, Aussicht, Tisch und Bänke, guter Zeltwiese und sogar Wasser war so ziemlich alles nötige vorhanden.

Die steile Abfahrt am Morgen direkt nach Süden war technisch fordernd, da sandig „chruutig" und steil. Wieder auf der Strasse flogen wir dank Gefälle, Rückenwind und gutem Strassenzustand nach Dupniza. Blätterteigbäckerei, Flüssigzucker, WC und schnell weiter um die Kühle des Morgens zu nutzen. Durch die hügelige und trockene Landschaft fuhren wir über mehrere grössere und kleinere Wellen. Immer die Sonne im Rücken, daher muss Chregu zum einstellen seiner Geschwindigkeit zum Windschattenfahren kaum ein Blick nach hinten werfen, sondern kann Livios Abstand auf der Strasse am Schatten ablesen. Das Windschattenfahren hatten wir schon auf der letzten Veloreise perfektioniert und auch jetzt wurde es wieder auf die Spitze getrieben. Das Müdigkeitslevel von Livio korreliert auch direkt mit der Anzahl Touchierungen mit Chregus Hinterrad.
Um Zuhause keine Sorgen aukommen zu lassen verzichten wir hier auf das Angeben von Tempos und effektiven Radabständen..

In Kjustendil wechselten wir die übrig gebliebenen Bulgarische Lews (oder für Livio Lerrys) in Mazedonische Denar um und verprassten die allerletzten Lew im Supermarkt. Beladen mit Lunch und Znacht sowie Cola kraxelten wir hinauf aus der Stadt raus in die Mittagshitze. Wir hatten noch rund 700 Höhenmeter vor uns, bis wir auf dem Pass den Grenzübergang zu Montenegro erreichten. Als dann bei einer Pause von weither ein alter Sowjetlastwagen hör und sehbar sehr langsam den Hang hinaufkämpfte entschieden wir uns für ein Lastwagentaxi. Wir konnten problemlos anhängen, aber der Fahrer bemerkte wohl nur Chregu auf der linken Seite und wollte ihm genügend Platz geben, auf jeden Fall fuhr er zu weit nach rechts und drückte so Livio auf der rechten Seite ins Kies, was zum Sturz führte.
Die Schürfungen säuberten und verarzteten wir am Strassenrand. Für diejenigen die Livio etwas kennen: Diesmal ist WIRKLICH nichts gebrochen (Für die übrigen: Siehe letzter Blog Kaukasus/Iran 2018). Als wir fertig waren fuhr der Lastwagen schon wieder talwärts. Wir hätten also so oder so nicht so weit mitfahren können.


So erreichten wir den Grenzübergang in eigener Kraft. Der Grenzübertritt ging absolut problemlos. Bei der Einreise gab es sogar einen Stempel in den Pass. Auf der Mazedonischen Seite geht es steil, mit grossen Kurven und somit schnell hinunter.
Dabei verbrauchten wir die ersten Denar für eine Glace bei einer Strassenbeiz, wo wir auch weiter überlegten wie weit wir noch fahren sollen. Die Idee, unser Nebenprojekt einer 200km-Etappe, zu realisieren liessen wir dann doch sein. So hätten wir Skopje noch am gleichen Tag erreicht. Wegen eines Onlinetermins von Livio wollten wir aber tagsdarauf in Skopje sein. Bis dahin hatten wir von Mazedonien vor allem Wald gesehen. Das Gelände war hügelig und vollständig bewachsen.
In Kriva Palanka harrten wir den heissesten Teil des Tages aus und schauten uns den Park entlang des Bachs an, um einen Zeltplatz  zu finden. Dabei assen wir unser Lunch, gingen Baden, tranken ein Bier, schauten Tour de France (diese Velofahrer mit den verdammt leichten Velos :-D ) und kochten unser Znacht. Während dem Znacht drehte der Wind von Gegen- auf Rückenwind und daher kam die Idee auf doch noch in den Abend hineinzufahren. Die Strasse führte uns entlang des Bachs wunderbar geschlängelt durchs Tal und wir kamen rasch voran. Die Zeltplatzsuche war dann aber nicht ganz einfach und so stellten wir unser Haus erst nach dem Sonnenuntergang auf. Mückenmässig war es bis jetzt wohl der schlimmste Zeltplatz, auf jeden Fall waren es hunderte Insekten welche zwischen Innen- und Aussenzelt Lärm veranstalteten. Die wenigen die es bis zu uns hineinschafften bezahlten diese Tat mit dem Leben...

Die Fahrt nach Skopje war dann problemlos. Auffallend: Sehr viele Autos mit Schweizer Nummernschild. In Kumanovo füllten wir in der mazendonischen Ausgabe der Blätterteigbäckerei unsere Energie auf und kurbelten rasch weiter um vor der Hitze Skopje zu errreichen. Die letzten Kilometer folgten wir dem Fluss Vardar auf dem  Veloweg welcher Chregu von 2013 kannte. Der Zustand ist OK, aber hatte sich in den letzten 12 Jahren doch überraschend stark verschlechtert.

1 Kommentar:

  1. Wer sich Text böudlich cha vorstöulle, het warschindlech wie ich sich de Ranze vollglached. Immer wieder herrlich wie z.B. d Beschrebeg zum Hamam, Sandstorm...

    Bezüglich Abstend ond Tempo: da könne mir üch gnueg guet...mir hoffe ihr hönd de SamSplint debi und hend doch no es bitz Vernunft. Gend nech Sorg

    AntwortenLöschen