Sonntag, 15. Oktober 2023

ab in den "Süüüüden"

Unser nächstes– Zwischenziel war Tebersouk und die nebenanliegende römische Ruinenstadt– Dougga. Davor stand aber noch ein Pass auf dem Programm. Wir überquerten also die Ebene von Sidi Esmail und weil sich kein so guter Zeltplatz zeigen wollte kurbelten wir die schönen Kehren hoch in Richtung Thibar. Auf dem Weg wurden wir, einmal mehr, aus vorbeifahrenden Autos fotografiert. Weil dieser Tunesier aber danach anhielt und auf uns wartete um weitere Fotos zu machen hielten auch wir und gaben ihm die Möglichkeit ein Selfie mit uns zu machen, welche er liebend gerne nutzte. Solche Begegnungen machen es spannend und zeigen uns die Freude welche die Einheimischen an uns haben (und wir an ihnen (-;)

Wir erleben auch häufig, dass uns zugehupt oder zugewunken wird. Solche Gesten zaubern und eine Lächeln auf die Gesichter.

Auf der Ebene von Thibar angekommen fanden wir kurz vor dem Dorf einen Platz in einem Olivenhain um die Nacht zu verbringen. Am Mittag hatten wir das Znacht vorgekocht und so konnten wir den Sonnenuntergang, das Eindunkeln und den Sternenhimmel ohne grössere «Arbeiten» geniessen. Zum ersten Mal verzichteten wir auch auf das Aussenzelt und hatten so auch aus dem Zelt heraus weiterhin Blick auf die Sterne. Und Ziska war geschützt von den Mücken (Chregu ist dies sowieso, da sein Blut den Mücken sowieso nicht sonderlich schmeckt.) Trotzdem schönen Ankommen und dem Blick in die Sterne, schlief Ziska nicht sonderlich gut.

Zeltplatz im Olivenhain

In Thibar konnten wir am nächsten Morgen unsere Vorräte wieder ziemlich gut auffüllen und liessen uns vom Inhaber des Lädelis noch einige Wörter in arabisch erklären (z.b. Wasser, eins, zwei, drei, …). Ausserdem hatten wir eine spannende Unterhaltung mit einem in Frankreich lebenden Tunesier welcher in seinem Heimatdorf zu Besuch war.

Eselkarren

Weil wir die Route der nächsten Tag jeweils relativ genau auf dem Natel (OrganicMaps) «rekognoszieren», wussten wir dass nun der Hauptanstieg des erwähnten Passes anstand. Aber wir wussten auch, dass die Steigung ca. 5 Prozent beträgt und somit für uns fahrbar sein sollte.

Das bestätigte sich dann auch. Nur bei einer Baustelle wo eine Haarnadelkurve «abgeschnitten» wurde, wurde es kurz knapp und wir konnten uns nur gerade so durchwürgen. Auf dem Pass angekommen assen wir unser Frühstück und rollten danach, wie immer mit kleinen Gegensteigungen, nach Tebersouk und erklommen dann die Höhenmeter nach Dougga. Dort– trafen wir seit langem andere Touristen, da es sich um eine der zehn bekanntesten Tourismusorte handelt. Die Ruinen der von rund 5000 Personen bewohnten Stadt sind sehr gut erhalten. Man kann sich wirklich sehr gut die Strukturen der Stadt vorstellen und auch auf den rund 2000 Jahre alten Wege durch die Stadt gehen. Im Reiseführer wird Dougga auch als Pompeji von Afrika beschrieben.

Dougga

Zurück beim Velo genossen wir noch etwas das WLAN eines parkierten Touribuses und konnten so unsere Online-Bedürfnisse befriedigen. Ausserdem assen wir unser mitgebrachtes Zmittag und mussten dieses gegen Katzen und später auch Hunde verteidigen.

Wir überquerten die nächste Ebene in Richtung El-Arroussa und wurden in den Hügeln von einer steilen Strasse überrascht. Wir hatten von diesem Teil die Steigungsdaten nicht so genau angeschaut ;-)

Also probierten wir die gut 10%ige Steigung fahrend zu meistern, musste aber realtiv schnell feststellen, dass es effizienter ist unser Pino zu stossen. So konnten wir ohne grössere Pausen die rund 100 Höhenmeter Steilstrecke absolvieren. Wir lernen daraus, dass für uns nicht die Höhenmeter an sich sondern die Steilheit das Problem ist. Oben angekommen intensivierten wir die Suche nach einem Übernachtungsplatz wurden aber nicht wirklich fündig. Und mit der letzten nicht ganz so erholsamen Nacht im Kopf fragten wir einen jungen Mann, welcher mit dem Esel auf dem Weg zur Wasserstelle war, ob er einen Platz wisse wo wir problemlos zelten können.

Als er unserer Frage verstanden hatte musste er nicht lange überlegen und lud und zu sich nach Hause ein. Wir könnten dort neben dem Haus zelten. Wir warteten also wie abgemacht und als er mit dem Wasser zurückkam ritten wir zusammen, auf unseren jeweiligen Eseln, ca. einen Kilometer zum Haus und wurden da von seiner Mutter und Schwester empfangen. Mit dem Vater hatten wir keinen Kontakt, er ist aber augenscheinlich von Alter und Gesundheit so stark eingeschränkt, dass eine Mitarbeit auf dem Hof nicht mehr möglich ist. Da wir nicht so viel miteinander sprechen konnten verständigten wir und viel mit Händen und Füssen. Vom Zelten war schnell keine Rede mehr und es wurde für uns Fladenbrot gebacken und zusammen mit Oliven konnten wir uns davon den Bauch vollschlagen.

Vor dem Znacht wurde uns noch ein wenig gezeigt wie die Familie lebt und dass sie neben vielen Olivenbäumen (laut ihren Angaben für die Pharmaindustrie) auch Pinienkerne ernten welche sie dann verkaufen. Ausserdem halten sie unter anderem Hühner, für den Transport stehen zwei Esel bereit und für die Bewachung des Hofs sind vier Hunde zuständig.

Speziell die Mutter hatte eine riesen Freude an uns und daher wurde Ziska, als wir schon fast im Bett lagen, gefragt ob sie gerne Hennakunst an ihrer Hand möchte. Nach der positiven Antwort wurde alles organisiert und die Schwester von Mouldi packte Ziskas Hand in Henna. Die «Farbe» wirkte dann über Nacht ein. Am frühen Morgen wurden wir vom Güggel geweckt und standen vor Sonnenaufgang auf. Nach einem Zmorge aus Kaffee, Datteln und Waffeln machten wir uns auf zurück zur Strasse und hinunter nach El-Arroussa. Vorher durfte aber ein Gruppenfoto nicht fehlen.

Mouldi begleitete uns zur Strasse weil er so oder so auf dem Weg nach Tunis war um seiner Arbeit dort nachzugehen. Als wir uns verabschiedeten zeigte er uns eine ins deutsche übersetzte Nachricht auf seinem Natel in welcher er uns bat ihm zu helfen eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu bekommen um in der Schweiz zu arbeiten. Schon am Vorabend hatte er entsprechenden Bemerkungen gemacht und erzählt er habe auf TikTok so viel gutes über die Schweiz gesehen und es gäbe ja so viel Geld, grosse Kühe und viel mehr Regen in der Schweiz. Er bat uns unsere Antwort auch in Deutsch zu verfassen, er werde es dann übersetzen.

Wir mussten ihm eine Absage erteilen, da wir selber erstens keine Ahnung haben von den Visa- und Arbeitsregelungen für Ausländer in der Schweiz und weil wir dann doch der Meinung waren, dass er vermutlich in Tunesien besser für die Familie sorgen kann als von der Schweiz aus. Ausserdem probierten wir ihm aufzuzeigen, dass die Bilder die er online von der Schweiz sieht nur das allerbeste sind und das es in Europa auch sehr viel schlechtes gibt. (Ausbeutung, zwar höhere Löhne aber auch hohe Kosten, …) Diese Bitte hinterliess bei uns ein Gefühl der Hilflosigkeit. Auf den weiteren Kilometern regte es zwischen uns ein Gespräch über die Unfairheiten auf der Welt und über das Glück an mit welchem wir gesegnet sind, «nur» weil wir an einem wohlhabenderen Ort geboren wurden und uns die Welt in Sachen Reisen offensteht und es mit dem Schweizer Einkommen fast überall billiger ist auf reisen zu gehen als in unserer eigenen Heimat.

selber gebastelter Eierkarton

Nach El-Aroussa folgten wir der Strasse in Richtung Siliana wobei wir gut 10 Kilometer vor Siliana links abbogen und auf einer kleinen Strasse Richtung Bargou fuhren. In einem kleinen Dorf kauften wir nochmals Trinkwasser und fanden kurz vor dem höchsten Punkt nach langem Suchen einen Platz für die Siesta. Das Land wir hauptsächlich für Ackerbau genutzt und es sind nur wenige schattenspendene Bäume vorhanden. Daher entschieden wir nach einem etwas späteren Mittagessen und einer ausgedehnten Siesta zu bleiben und die Nacht dort zu verbringen.

seltener Schatten im trockenen Agrarland

Auch wenn der Übernachtungsplatz eher improvisiert war, konnten wir gut schlafen. Standen aber früh auf. Morgens um halb sieben hüpften wir mit dem Pino über die nicht mehr ganz so intakte Fahrbahn nach Bargou. In Bargou war unser Ort um diverses zu erledigen: Lebensmittel und Benzin für den Kocher einkaufen. Wobei, bei den Lebensmittel die Auswahl sehr begrenzt ist. Aktuell ist in den Läden z.B. kein Gemüse auffindbar, dies gibt es wohl in den eigenen Gärten. Als wir alles geladen haben, nahmen wir das nächste Pässchen in Angriff. Wir freuen uns über die nun wieder stärkere Vegetation und machten bei einem Feigenbaum kurz Rast um zu merken, dass die Baguettes, die wir beim Bäcker nach gefühlt ewigem Anstehen, unglaublich trocken waren. Das gibt dann wohl mit den Eiern zusammen wohl besser Vogelheu.

tunesische Tankstelle

Wir pedalen hinten um den Jebel Bargou und vorbei an diversen Obstbäumen und finden unter einer Gruppe Pinien unsere Siesta.

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