Donnerstag, 12. Oktober 2023

nördliche Küste

Die ersten richtigen Velofahrtage starten vor der Jugi. Wir verlassen die Medina und auch die Agglo Tunis in Richtung Norden. Unser erstes Zwischenziel ist Sidi Ali el Mekki. Irgendwo hatten wir aufgeschnappt, dass es da etwas zu sehen gäbe. Also fahren wir hin und finden einen schönen Strand an dem in der Hauptsaison anscheinend ziemlich viel los zu sein scheint. All die Strandbeizen sind aber im Nebensaisonmodus geschlossen und die Schattenspender aufeinandergestapelt.

Wegweiser sind fast immer doppelt angeschrieben

fast wie in der Karibik

Das Meer und der Sand sind dennoch schön und wir geniessen die Zeit. Da wir aber vor Ort keinen geeigneten Zeltplatz fanden, machten wir uns auf den weiteren Weg in Richtung Bizerte und entdeckten an einem Feldrand ein passendes Plätzchen für die erste Zeltnacht in Tunesien.

Auf dem Weg hierhin finden wir das vor, was der Reiseführer «versprochen» hatte: sehr viel Müll am Strassenrand. Es gibt zwar in den meisten Orten eine «Rue d’enviroment» eine Aktion welche auf den Umweltschutz aufmerksam machen wollte. Unterdessen ist leider davon nicht mehr viel übrig. Es ist teilweise so dreckig, dass wir keine Lust haben am Strassenrand eine etwas längere Pause zu machen.

Eine weitere spannende Beobachtungen ist, wie viele Personen auf einem Roller(einfacher Töff) Platz finden. Scheinbar das perfekte und noch zahlbare Familien-Fahrzeug für 4 Personen. Weiter sind die Mann/Frau-Stunden scheinbar günstiger als der Treibstoff. So ist es absolut normal, z.B. Melonen oder Zementsäcke einzeln auf den PickUp zu laden und da nicht kippbar, wird wohl auch wieder jede einzelne von Hand abgeladen. Als Ladungssicherung genügt ein Spannset ganz hinten. Immer wieder überholt uns auch ein Schüttgut-Lastwagen, welcher statt mit Kies oder Sand mit Tomaten geladen ist. Ob es daraus in einer Fabrik dann Tomatensauce gibt?

Und noch bezüglich Verkehr. Im letzten Beitrag hatten wir berichtet, dass die Randsteine rot-weiss bemahlt sind. Unterdessen wissen wir, dass dies eigentlich Parkverbot bedeutet. Für die Tunesier sind Verbote aber eher Empfehlungen und so ist es völlig normal, auch z.B. auf der Kreuzung und im Kreisel zu parkieren, wenn der Laden an der Ecke so am gäbigsten erreicht werden kann.

Unterwegs mussten wir auch noch die erste Reparatur am Pino durchführen: Unsere HelinoxKopieCampingStuhlHalterungsVerpackung erreichte das vordere Rad und dadurch wurde das Schutzblech etwas verkrümmt und blockierte kurzzeitig das Rad. Als alles wieder zurechtgebogen und neu eingestellt war konnten wir wieder weiterrollen.

Via Ras Jebel und der Hauptstrasse N8 erreichten wir Bizerte und fahren über die Klappbrücke in die Stadt. In einem Park geniessen wir die Siesta und das Treiben des Sonntagmittags der in Tunesien trotz Islam der freie Tag ist (schliesslich ist es in Frankreich auch so, Tunesien ist ehemaliges Kolonialgebiet von Frankreich. Im Islam wäre der Freitag der Ruhe.). Weil am zweitnördlichsten Punkt des Landes und des Kontinents ein Geocache liegt und Chregu mindestens einer finden wollte kurbelten wir dem Meer entlang zu angegeben Parkplatz-Koordinate und fanden dort in den Büschen ein Platz für unser Zelt. Rundherum wurde der Sonntagabend gefeiert, aber wir hatten unserer Ruhe und kein Besuch, auch nicht von den streunenden Hunden.

Nach der morgendlichen Wanderung zum Cap Blanc und dem Geocache fuhren wir wieder zurück nach Bizerte. Unterwegs hielten wir noch einmal in gleichen Supermarkt an, in welchem wir schon am Tag vorher eingekauft hatten. Dabei wurden wir von Karin angesprochen und es stellte sich heraus, dass sie ursprünglich vom Menzberg stammt und seit rund 10 Jahren mit ihrer multikulturellen Familie in Tunesien lebt und hier mit der Schweizer Altersvorsorge das Leben geniesst. Immer wieder spannend wie klein die Welt sein kann. (Kennt jemand die Familie?)

Sie erzählt uns einiges über die tunesische Gesellschaft und wie das Leben so funktioniert. Das war spannend und lehrreich. z.B. Milch und Mehl sind rar, aber ironischer Weise werden einem die Baguettes und Joghurts spottbillig angeboten, weil es die Tunesier scheinbar so möchten. Eine Einladung zur Übernachtung schlagen wir aber aus, da wir uns erst ein bisschen warm gekurbelt haben und noch ein paar Kilometer fahren wollten.

Auf Openstreetmap haben wir nach Campingplätzen gesucht und einer der sehr wenigen Einträge heisst: «Beautiful Place for a camp -  keep clean, please». Dieser Ort wurde zu unserem Tagesziel und via den Lake Ikcheul erreichten wir den Platz im Verlaufe des Nachmittags. Es stellte sich wirklich als super Platz heraus. Nach dem Znacht und Hausbau konnten wir bei schönstem Sternenhimmel ins Bett kriechen.

super Zeltplatz gefunden in OpenStreetMap

Und spätestens nach Bizerte ist das mit dem Abfall entlang der Strassen auch viel besser. Ob es ist, weil besser aufgeräumt wird oder weil weniger weggeworfen wird. Wir wissen es nicht. Am wahrscheinlichsten hängt es aber einfach mit der Bevölkerungsdichte zusammen.

In Sachen Abfall machen wir schon früh eine Entdeckung: Es gibt Leute die PET sammeln. Daher vermuten wir rasch, dass PET irgendwie einen Wert hat. Und im Verlauf der Tage erkennen wir immer mehr Anzeichen dafür: Leute mit vollen Säcken mit PET-Flaschen, Transporter voll PET. Dies bestätigte uns auch Karin, welche bei sich sogar eine inoffizielle PET-Sammelstelle führt und diese an Familien zukommen lässt, die davon leben.

Am 10. Oktober machen wir einen gemütlicheren Tag und fahren weiter entlang der RR66 bis zu Abzweigung nach Cap Serrat. Dort organisierten wir eine tunesische SIM-Card (3TND + 5TND also 1Fr + 2.5Fr für 2.5GB) welche aber mindestens am Anfang nicht funktionierte. Auch nach einigen Versuchen zurück im Geschäft klappte es nicht. Der Natelempfang war aber auch relativ schlecht direkt vor Ort. Der Mobiltarif ist auch für tunesische Verhältnisse relativ tief. Dafür zahlten wir im Laden neben an 2.5Fr für 9Liter Wasser. Bisher hatten wir fürs gleiche lediglich 1.5Fr bezahlt. Für uns spielt dies nicht so eine Rolle, aber dieser Tunesier hat wohl realisiert, dass wir Touris sind und mehr bezahlen können.

Vom Abzweiger bis nach Cap Serrat ging es hügelig runter bis ans Meer. Wir hatten gelesen, es gäbe öffentliche Duschen und WC’s. Vor Ort fanden wir zwar keine öffentlichen Duschen und WC, aber wurden angesprochen. Auf die Nachfrage ob es einen Campingplatz gibt, wurden wir in ein saisonal geschlossenes Restaurant und kleines Hotel geführt: Wir konnten Dusche+WC benützen, den Zeltplatz selber aussuchen und wir sollen selber sagen wieviel wir dafür zahlen möchten.

tunesische 'Brücke'

Also machen wir das, was man als Veloreisende am meisten wünscht: Duschen und Kleiderwaschen! So dass wir wieder einmal eine Nacht nicht ganz so dreckig ins Bett kriechen und wenigstens am Morgen beim losfahren die Kleider nicht schon wieder am Körper kleben. Das passiert dann schnell genug wieder, da es zwischen 28° und 32° warm ist und maximal leicht bewölkt. Im Vergleich zu der Schweiz wohl ein Luxusproblem bezüglich Witterung. Für uns Velofahrende aber sehr warm oder wie es Chregu regelmässig ächzt: «es esch heiiiiiiss!» (übrigens auch schon bei tieferen Themperaturen)

Am nächsten Tag trafen wir bei einem kleinen Laden den Bäcker auf Rundtour, welcher das Auto bis unters Dach mit Baguettes geladen hat. Diese gab das perfekte Frühstück mit den Eiern, welche wir bei einem Hof kaufen wollten, aber dann geschenkt bekamen. Auf dem Weg trafen wir viele Schüler, die freudig mit uns mit rennen wollten. Es ging den Berg hoch und so waren wir zu schnell. Einzig das Mädchen Salah hatte eine super Kondition und konnte über 1km die Geschwindigkeit mit uns halten. Mit 7km/h wir ziehen den Hut und Salah grinste voller stolz, als sie sich verabschiedet.

super Strasse nach Sidi Mechreg

Wir kurbelten durch super schöne Landschaften nach Nefza. Wo wir kurz im bunten Markttreiben Halt machten um uns mit dem täglichen Bedarf einzudecken. Die Weiterfahrt ging trotz Steigung halb gratis, da erneut landschaftlich sehr schön. Unterwegs ergatterten wir ein Steuerrad-Brot, welches zwar einiges teurerer als die Baguettes ist, dafür länger hält, allerdings auch mit Gewinnspiel-Charakter, da Handarbeit und auf dem Feuer am Strassenrand gezaubert. Einige sind super fein, dies war eher eine Niete.

Steuerradbrot

Kurz vor der Passhöhe fanden wir ein Föhrenwald, wo wir unser Zelt aufschlugen und mit den Hirten ein munteres «Selem» austauschten.

Béja war uns eine Nummer zu gross und so waren wir schnell wieder weg und geniessen die Siesta am Strassenrand unter Bäumen mit erstaunlich wenig Güsel.

Wir veröffentlichen jetzt den Text, mal schauen ob es mit den Fotos via Natelnetz klappt.

1 Kommentar:

  1. Die Texte zu lesen, ist ein Vergnügen. Mir ist, als ob ich mehr als ein wenig mitreisen würde. Merciiii!!!

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